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Die Spekulation auf Wasser – Teil 1

Gier ist gesund. Sie hat Amerika groß gemacht und wird unsere Rettung sein. Es geht nur um Dollars, Kumpel, der Rest ist belangloses Gequatsche. Geld ist eine Hure, die niemals schläft.“
So beschrieb Gordon Gekko alias Michael Douglas den Drang des amerikanischen Volkes, wenn nicht sogar der ganzen Welt, nach Geld. Dieses Zitat stammt aus dem Film „Wallstreet – Money never sleeps“ von 2010.

Der Börsenhai kam nach 10 Jahren Gefängnis frei. Die Gründe dafür werden im ersten Teil „Wallstreet“ von 1987 verfilmt. Nach seiner Freilassung veröffentlicht er ein Buch über die Vorzüge der Gier und wie diese Todsünde die Welt bewegt. Er vollbringt einen ziemlich schnellen, spektakulären und skrupellosen Weg zurück an die Spitze des Aktienhandels ohne Rücksicht auf Verluste. Vor allem eine Szene blieb Andy Hoffmann und wahrscheinlich den meisten Zuschauern bis heute in Erinnerung. Die Beschreibung von Gordon Gekko an Jacob Moore (Shia LaBeauf) bezüglich der sogenannten „Tulpomanie“.


„Die Tulpomanie war die erste, gut dokumentierte Spekulationsblase. Tulpen waren zu ihrer Einführung, Mitte des 16 Jh. In den Niederlanden, ein Liebhaberstück geworden und so kam was kommen musste. Ende des Jahrhunderts kam der Handel und die Spekulation hinzu. Das führte soweit, dass Tulpen in den 1630er Jahren einen exorbitanten Wert hatten. Sogar von den selben Preisen wie ein Haus ist die Rede“ erklärt Andy Hoffmann.

Das zeigt doch sehr gut auf, was an der Börse geschehen kann.
Schon seit Jahren beschweren sich die Landwirte, über die Getreidepreise. Getreide, der Ursprung der Sesshaftigkeit und des Anstiegs menschlicher Population, wird an der Börse gehandelt. Die Spekulationen führen zu Preisen, welche nicht mehr von Angebot und Nachfrage bzw. von guter oder schlechter Ernte beeinflusst werden, sondern von der Erwartung der Anlieger bezüglich der nächsten Ernte. Ursprünglich war dies als Absicherung der Bauern gedacht, dazu allerdings später mehr. Halten wir uns erst einmal fest, was wir von Andy Hoffmann soeben erfahren haben.

Getreide wird an der Börse gehandelt. Hier werden die Preise für den Kilogramm zu einer bestimmten Menge schon vor der Ernte festgelegt, ohne zu wissen, ob der Ertrag überhaupt erbracht oder nicht sogar überboten wird. „Nicht nur Getreide. Auch Mais, Reis, Soja sowie Kaffee und Zucker werden an der Börse gehandelt“, erklärt uns Andy, „Das zählt heute zu den Gründen des arabischen Frühlings. 2008 sind die Aggrarpreise extrem gestiegen und da nahezu alle lebenswichtigen Grundnahrungsmittel an der Börse gehandelt werden, konnten sich viele Menschen einfach kein Essen leisten. Da wo es kein Essen gibt, herrscht armut, Verzweiflung, welches häufig zu Randalen und Ausschreitungen führt“


Die Grundidee dahinter ist gar nicht so verkehrt. Landwirte können sich durch den Kauf von Futures gegen geringe Ernten absichern und haben obendrein noch die Möglichkeit mit einer gewissen höhe an Einnahmen kalkulieren. Was daraus geworden ist, ist der übliche Börsenwahnsinn. Professionelle und weniger professionelle Anleger wittern das schnelle Geld, was zu einer Spekulation führt und daraus bilden sich jetzt Preise abseits des Realmarktes.
Seit neustem ist es auch möglich bei der Chicago Mercantile Exchange (CME) mit Wasser zu handeln. Wozu soll das gut sein? Was sind die Folgen? Ist das moralisch vertretbar und wie geht das?

Der Handel mit dem kühlen Nass.

An der Chicago Mercantile Exchange (CME) wird alles gehandelt, was sich verschiffen lässt: Trader spekulieren hier auf Öl, Gold, Kupfer, Wolle, Zucker, Schweinebäuche, Holz, Aluminium und sogar auf das Wetter. Jetzt führt die CME eine neue Kategorie ein: Am 17.09.2020 startet der Handel mit Wasser.

Gehandelt werden sollen so genannten Terminkontrakte, im Fachjargon „Futures“ genannt. Darin verpflichten sich ein Käufer und ein Verkäufer einer Ware, diese zu einem bestimmten Termin in der Zukunft zu einem bestimmten Preis zu handeln. Im Falle von Wasser sollen die Kontrakte vierteljährlich abgeschlossen werden und jeweils umgerechnet etwa 12,3 Millionen Liter beinhalten. Das ist etwa die Menge, die in einen Würfel mit einer Kantenlänge von 230 Metern passen würde. Doch vorab lassen wir uns von Andy Hoffmann erklären, was Futures eigentlich sind und welche Arten es gibt.

Was Sind Futures

Futures sind Termingeschäfte, bei denen sich ein Verkäufer vertraglich dazu verpflichtet, eine Ware oder einen Vermögenswert zu einem vorab vereinbarten Zeitpunkt zu einem vereinbarten Preis an den Käufer zu liefern. Der Käufer verpflichtet sich im Gegenzug dazu, dem Verkäufer die vereinbarte Ware abzunehmen.

Futures dienen dabei, ähnlich wie Optionen, vor allem der Absicherung gegenüber Marktschwankungen. Es kommt somit zu einem Risikotransfer zwischen den beiden Vertragsteilnehmern. Der Verkäufer kann zu beginn des Handels schon mit einer Abnahme und einem Preis rechnen.


Welche Arten von Futures gibt es?

Zum einen gibt es sogenannte Financial Futures. Hierzu zählen Futures auf Einzelaktien, Aktienindizes und Devisen.

Zum anderen existieren Futures auf Rohstoffe, die im Allgemeinen als Commodity Futures bezeichnet werden.

Häufig gehandelte Rohstoffe sind beispielsweise Weizen, Reis, Kaffee, Edelmetalle oder aber Erdöl. Futures bieten somit eine große Auswahl an ihnen zugrunde liegenden Basiswerten an.

Wie entstanden Futures?

„Futures sind auch keine Erfindung moderner Börsenhaie“, erklärt uns Andy Hoffmann „schon in den Schriften von Aristoteles sind Aufzeichnungen zu Termingeschäfte zu finden“

In Europa wurden Terminkontrakte ab dem 17. Jahrhundert immer beliebter. Schon damals wollten sich Händler und Produzenten gegen Preisschwankungen von den vorher erwähnten Tulpenzwiebeln in Holland absichern.

Die ersten standardisierten Kontrakte von Futures, etablierten sich im Laufe des 19. Jahrhunderts mit der Gründung der CBOT (Chicago Board of Trade).

Wie funktionieren Futures?

Futures werden wie andere Derivate aus Basisprodukten abgeleitet. Ihr Preis orientiert sich daher am Basiswert ihres zugrunde liegenden Produkts. Futures sind dabei unbedingte Termingeschäfte, da der Verkäufer sich vertraglich dazu verpflichtet, die zugesagte Ware zu liefern und der Käufer diese auch abnehmen muss. Andy Hoffmann verwies hier noch auf den Unterschied zu Optionen. Sie sind im Gegensatz dazu bedingte Termingeschäfte, da hier die Option gezogen werden kann, aber nicht ausgeführt werden muss.

Eigenschaften von Futures

Wie schon erwähnt, sind Futurekontrakte (Futures) standardisiert und damit sehr transparent. In jedem Vertrag wird festgehalten, welche Ware wann und zu welchem Preis geliefert werden muss.

Zudem müssen die Liefermenge und die Qualität im Vertrag definiert werden. Auch die minimale Tick-Größe bzw. minimale Preisveränderung ist Bestandteil des Vertrags.

Beispiel: Bestandteile eines Futurekontrakts

Nehmen wir an, ein Orangensafthersteller (die Andy-Hoffmann UG) möchte sich Futures auf gefrorenes Orangensaftkonzentrat zur Preissicherung kaufen. Er beabsichtigt eine Absicherung von 30.000 Pfund Orangensaftkonzentrat. Wie könnte so ein Vertrag nun aussehen?

Zu Beginn benötigen wir wie bei allen Derivaten den Basiswert. Dieser leitet sich aus dem darunterliegenden Basisprodukt, dem Orangensaftkonzentrat ab.

Im zweiten Schritt muss die gewünschte Qualität festgelegt werden. Eine übliche Qualität bei Orangensaftkonzentrat ist zum Beispiel Klasse A aus den Herkunftsländern Florida oder Brasilien.

Zudem muss die Andy-Hoffmann UG im Vertrag festschrieben, welche Liefermenge das Future umfasst. Beinhaltet der Futurekontrakt eine Menge von 15.000 Pfund Orangensaftkonzentrat, so muss der Orangensafthersteller 2 Futures kaufen, um die gewünschte Preissicherung zu erzielen.

Als drittes Element wird die minimale Preisveränderung im Vertrag definiert, die beispielsweise bei 7,5$ pro Future liegen könnte.

Abschließend muss das Ausführungsdatum vertraglich festgehalten werden. Das könnte beim Orangensaftkonzentrat zum Beispiel ab Januar jeden zweiten Monat sein.

Welche Sicherheitsleistungen gibt es?

Im Gegensatz zu Optionen müssen bei Futures vorab keine Gebühren bezahlt werden, jedoch ist eine Sicherheitsleistung (Initial Margin) zwingend erforderlich.

Diese Einschusszahlung beträgt nur einen Bruchteil des Vertragswerts. Die Höhe kann sich beispielsweise auf 5% des Vertragsvolumens oder einen fixen Betrag belaufen. Durch die geringen initialen Kosten, die beim Handel mit Futures entstehen, können Spekulanten daher mehr Geld am Markt bewegen, als ihnen tatsächlich zur Verfügung steht.

Futurepreis

Der Kurs von Futures wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Er wird somit nicht von zwischengeschalteten Emittenten beeinflusst.

Zur Bewertung des Kurses von Futures werden jedoch noch die Lagerungskosten (Cost-of-Carry) hinzugerechnet, die dem Verkäufer für die Lagerung der Ware entstehen. Der Futurepreis berechnet sich somit aus dem Kassapreis des Basisprodukts zuzüglich der Cost-of-Carry beziehungsweise Zinsen.

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